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Der einfachste Weg, vegan deinen Proteinbedarf decken

“Pflanzlich? Aber wie kann man vegan seinen Proteinbedarf decken?”

Es gibt kaum eine Frage, die ich häufiger höre, wenn es um meine Ernährung geht.

Und ganz ehrlich. Mir ging es genauso. Erst als ich gelernt habe, dass man vegan sogar Hochleistungssport und Bodybuilding betreiben kann, habe ich das erste Mal ERNSTHAFT eine rein vegane Ernährung für mich in Betracht gezogen.

Dieser Artikel bezieht sich auf gesunde, erwachsene Menschen zwischen 19 und 64 Jahren.

Leistungssportler, Senioren, Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche haben einen erhöhten Proteinbedarf, und werden an dieser Stelle ausgeklammert.

Die kurze Antwort nach der veganen Deckung des Eiweißbedarfs lautet wie folgt:

“Mit einer vielfältigen, vollwertigen, veganen Ernährung  und einer adäquaten Kalorienzufuhr, nimmst du auch vegan genügend Proteine zu dir!”

Okay, das wirkt jetzt erstmal etwas abstrakt. Was bedeutet eine vielfältige vollwertige vegane Ernährung? Steigen wir ein.

Wie sind Proteine aufgebaut?

 

 

Eiweiße zählen mit Fetten und Kohlenhydraten zu den drei essentiellen Makronährstoffen. Alle drei Nährstoffe versorgen uns mit Energie, den Kilokalorien. Diese Energie benötigen wir für das Funktionieren unseres Organismus und den alltäglichen Aktivitäten.  

Eiweiß ist strukturell sogar so wichtig, dass diese nur in Hungerzeiten zur Energiebereitstellung genutzt werden. Denn Proteine sind das Molekül, das in unserem Körper die meisten Funktionen übernimmt. Sie sind strukturelle Bestandteile von Geweben wie Muskeln, Bindegewebe und Organe. Außerdem sind sie unter anderem wichtig für das Immunsystem und das einwandfreie Funktionieren des Stoffwechsels. 

Proteine bestehen aus 20 bzw. 21 verschiedenen proteinogenen Aminosäuren. Vereinfacht gesagt, sind sie die Bausteine einer langen Kette, die gemeinsam ein Protein bildet. Glücklicherweise kann unser Körper 12 davon selbst herstellen. 

Im Umkehrschluss heißt das allerdings, dass wir 8 bzw. 9 verschiedene Aminosäuren zwingend mit unserem Essen zuführen müssen.

Veganes Eiweiß wird aufgewertet

Wie viel Eiweiß benötige ich?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (kurz DGE) empfiehlt eine tägliche Zufuhr von 0,8 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Das heißt, dass eine 70 Kilo schwere Person durchschnittlich mindestens 56 g Protein am Tag zuführen sollte.  

Veganern wird zudem empfohlen, mehr Eiweiß zuzuführen. Gängig ist eine Berechnungsgrundlage von 0,9 bis 1 g Eiweiß je kg Körpergewicht. Für diese Zulage gibt es zwei Gründe:

  1. Die Biologische Wertigkeit von pflanzlichen Proteinen ist niedriger 
  2. Pflanzliches Eiweiß ist etwas schwerer verdaulich

Unserer 70 Kilo schweren veganen Beispielperson wird demnach 63 bis 70 g Protein täglich empfohlen.

Eine Zufuhrempfehlung ist nicht mit dem tatsächlichen Bedarf gleichzusetzen. In der Empfehlung für Mischköstler ist bereits ein Sicherheitspuffer eingebaut, weil der Bedarf individuell unterschiedlich ist.

Also ist pflanzliches Protein doch minderwertig?

Prinzipiell bringen Pflanzen alle essentiellen Aminosäuren mit. 

Allerdings gibt es zumeist eine oder mehrere Aminosäure, die in signifikant geringerer Menge vorhanden ist. Das ist die sogenannte limitierende Aminosäure. 

Die Anzahl ganzer Proteinen eines Lebensmittels orientiert sich an der Menge limitierenden Aminosäure. Dadurch sinkt das Qualitätsmerkmal der “Biologischen Wertigkeit”. Dieser Logik nach  müsste man von diesem einzelnen Lebensmittels eine größere Menge konsumieren, um den Proteinbedarf zu decken. 

Zum Glück ist der Körper ziemlich clever. Er benutzt Aminosäuren aus verschiedenen Quellen, um das Maximale herauszuholen. 

Außerdem bin ich mir sicher: Niemand möchte den Bedarf irgend eines Nährstoffs mit nur einem einzigen Lebensmittel decken.

Nahrungsproteine, egal wie ähnlich sie bereits dem menschlichen Protein sind, werden in die einzelnen Aminosäuren gespalten. Nur in dieser Form gelangen die Proteinbausteine zu den Zielzellen. Erst dort werden sie wieder zu Proteinen aufgebaut. Dabei ist es dem Körper ziemlich egal aus welcher Quelle die einzelnen Aminosäuren stammen.

Zusätzlich halten die Körperzellen praktischerweise einen Pool an freien Aminosäuren bereit, von dem er sich bedienen kann, sollte es ihm gerade an einer fehlen.

Dieser Pool ist kein Eiweißspeicher im klassischen Sinne, aber er kann temporär ungünstige Aminosäureprofile ausbalancieren.

Kombinieren von pflanzlichen Proteinen

Was folgt nun daraus?

Wir können Lebensmittel mit unterschiedlichen Aminosäureprofilen miteinander kombinieren. Sie werten sich gegenseitig auf. Die sogenannte Biologische Wertigkeit steigt. Denn durch die Kombination verschiedener Lebensmittel werden mehr ganze Proteine gebildet als die Summe ganzer Proteine aus den einzelnen Lebensmitteln.

Eiweiß Aminosäure Vegan Profil

Wichtig: Es reicht dabei völlig aus, über den Tag verteilt die verschiedenen Eiweißquellen zu konsumieren. Sie müssen nicht innnerhalb einer Mahlzeit kombiniert werden. 

Wie decke ich vegan meinen Proteinbedarf? Und welche Lebensmittel ergänzen sich besonders gut?

Wir bedienen uns drei Lebensmittelgruppen, die besonders gute Eiweißquellen darstellen:

A) (Vollkorn-)Getreide und Pseudogetreide

    1. Hafer
    2. Weizen
    3. Mais
    4. Dinkel
    5. Reis
    6. Quinoa
    7. Amaranth

Brot, Nudeln, Haferflocken, Seitan gehören auch in diese Gruppe, da sie Erzeugnisse aus einer oder mehrerer Getreidesorten sind. Die jeweilige Vollkornvariante liefert dabei mehr Proteine, Ballaststoffe, Mineralstoffe und Vitamine.

B. Hülsenfrüchte

    1. Sojabohnen
    2. Kichererbsen 
    3. Linsen
    4. Bohnen
    5. Erbsen
    6. Mungbohnen
    7. Lupine

Hierzu gehören natürlich auch die Erzeugnisse aus Hülsenfrüchte. Darunter zählen unter anderem Tofu, Tempeh oder Nudeln aus Linsen/Kichererbsen/Erbsen. 

C) Nüsse und Samen

    1. Walnüsse
    2. Mandeln
    3. Haselnüsse
    4. Kürbiskerne
    5. Paranüsse
    6. Hanfsamen
    7. Leinsamen
    8. Chiasamen

Wenn du also sicher gehen willst, dass sich deine Mahlzeiten aminosäurprofiltechnisch gut ergänzen, solltest du dich an diesen drei Lebensmittelgruppen orientieren.

Die Lebensmittel innerhalb einer Gruppe haben tendenziell ähnliche Profile. Und die Lebensmittelgruppen ergänzen sich perfekt!

Daraus lässt sich ein Leitsatz erstellen, um eine sichere Proteinzufuhr zu gewährleisten:

“Bei täglich drei Portionen (Vollkorn-)Getreide/Pseudogetreide, mindestens einer Portion Hülsenfrüchte und einer Hand voll Nüsse, ist ein Eiweißmangel quasi ausgeschlossen.”

Um die unterschiedlichen Profile innerhalb einer Gruppe auszugleichen empfiehlt es sich auch innerhalb einer Gruppe abwechslungsreich zu essen.

Ich möchte an dieser Stelle hervorheben, dass ihr gerne mehr als eine Portion an Hülsenfrüchten essen könnt. Sie sind nicht nur leckere Eiweißbomben. Sie sind mit ihren Mineralstoffen, Spurenelementen und Ballaststoffen so etwas wie der heilige Gral der veganen Ernährung. 

Was groß ist eine Portion?

Als visuelle Hilfe nimmst du deine geballte Faust. Eine Portion entspricht nämlich ungefähr dieser.

In Zahlen ausgedrückt sieht es folgendermaßen aus:

Hülsenfrüchte: 

70-100 g roh bzw. 150 – 200 g gegart

Vollkorngetreide:

Kartoffeln: 200-250 g gegart

Nudeln: 125 g roh bzw. 200-250 g gegart

Reis: ca. 75 g roh bzw. 150 – 180 g gegart

(Vollkornbrot-)Brot: 2-3 Scheiben

Mit ausreichend Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte und Nüssen bist du nicht nur proteintechnisch  extrem stark aufgestellt. Diese Lebensmittel sind leckere und nahrhafte Eckpfeiler für eine vollwertig vegane Ernährung im Allgemeinen.

Ergänzt du sie mit reichlich Gemüse, Obst und Wasser, bildest du die vollwertig, vegane Ernährungspyramide bereits ziemlich gut ab.  

Hülsenfrüchte Eiweiß vegan Protein

Eine eingeschränkte Energiezufuhr bedeutet eine eingeschränkte Eiweißzufuhr

Warum erwähne ich die Gesamtzahl zugeführter Kilokalorien? Mit der obigen Daumenregel erreichst du locker 10-15% der täglichen Menge an Kilokalorien durch Eiweiß. Das liegt über der Empfehlung von 9-11%.

Aber weil Eiweiß so wichtig ist, orientieren sich die Zufuhrempfehlungen nicht nur an relativen Messwerten. Im Gegensatz zu Fetten und Kohlenhydraten, gibt es beim Eiweiß zusätzlich absolute Zufuhrempfehlungen. 

Das heißt, dass wenn du insgesamt sehr wenige Kilokalorien zu dir nimmst, weil du beispielsweise abnehmen möchtest, reichen die 10-15% Energiepunkte aus Eiweiß eventuell nicht aus, um die absolute Zufuhrempfehlung zu erreichen. 

Weil du dann ohnehin schon im Kaloriendefizit bist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dein Körper Aminosäuren zur Energiebereitstellung nutzt. Das führt zu einem Abbau der Muskulatur und steht immer deinen körperlichen Zielen im Wege.

Aus diesem Grund ist der Hinweis auf die Gesamtkalorienzahl bei der Betrachtung der (veganen) Proteinzufuhr wichtig: 

“Mit einer vielfältigen, vollwertigen veganen Ernährung  und einer adäquaten Kalorienzufuhr, nimmst du genügend Proteine zu dir.”

Fazit: Vegan den Proteinbedarf decken ist ganz leicht.

Bei einer ausreichenden Kalorienzufuhr, ist es gar kein Problem mit einer rein pflanzlichen Ernährung deinen Eiweißbedarf zu decken. Selbst die Zufuhrempfehlungen der Fachgesellschaften werden im Normalfall erreicht. 

Mit einer vollwertigen, abwechslungsreichen veganen Ernährung mit ausreichend Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Nüssen bist du auf einem extrem guten Weg. 

Merke dir einfach: Mindestens eine Portion Hülsenfrüchte, drei Portionen Getreide und eine Hand voll Nüsse (30-60g). Und du musst dir keine Gedanken um Eiweiß machen.

Du bist Sportler und möchtest deine Proteinzufuhr optimieren oder erhöhen? Du möchtest vegan abnehmen ohne in eine Mangelernährung zu geraten? Oder du möchtest einfach deine Makro- und Mikronährstoffzufuhr von professioneller Seite überprüfen lassen oder optimieren? Dann freue ich mich auf deine Nachricht.